Heute haben viele von uns einen Freund verloren

Heute haben viele von uns einen Freund verloren

Vor etwa zweieinhalb Stunden erhielt ich einen Anruf, dass ein Freund von mir gestorben ist. Beim Skifahren, wahrscheinlich Herzinfarkt. Alle Wiederbelebungsversuche blieben erfolglos. Mein tiefstes Mitgefühl gilt seinen Angehörigen.

Ich glaube, hunderte Menschen aus meiner Heimatgemeinde haben heute einen Freund verloren. Er war bekannt wie ein bunter Hund. SPDler, Fraktionsvorsitzender im Gemeinderat, Himmelträger, seit Mai 2024 dritter Bürgermeister, stellvertretender TSV-Vorsitzender, Sprecher der Lentinger Vereine, zeitweise Amtsbote der Gemeinde… Ich weiß nicht, welche Ehrenämter ich bei dieser Aufzählung vergessen habe.

Vieles haben wir in den vergangenen Jahrzehnten gemeinsam erlebt. Da waren natürlich die Vorstands-, Fraktions- und Gemeinderatssitzungen (mit anschließendem Dämmerschoppen, solange es das Café Stadtblick noch gab), die Wahlkämpfe und Veranstaltungen der SPD, die Gemeindefeste wie Jurafest, Volkstrauertag und so weiter. Und es gab auch persönliche Momente.

Er half mir beim Umzug in meine Wohnung in der Beethovenstraße. Schleppte alleine Möbel in den zweiten Stock, die ich heute noch lieber zu zweit transportieren würde. Er organisierte Fahrradtouren zu seiner Schwägerin nach Ipsheim. 180 Kilometer in 12 Stunden, und danach war er noch fit wie ein Turnschuh und tanzte den ganzen Abend auf dem Weinfest. Wir fuhren zusammen nach Berlin, teilten uns ein Hotelzimmer, um die 30 Euro Einzelzimmerzuschlag pro Mann und Nase zu sparen. Er organisierte für uns eine ganz private Audi-Werksführung in Bereiche, die ein Besucher bei einer offiziellen Werksführung nie zu sehen bekommt. Er baute einen Ofen in seinem Garten und lud zum Pizzaessen ein. Oft saßen wir zusammen in seiner Gartenlaube und unterhielten uns bei einem Bier über Politisches und Privates. Seinen 50. Geburtstag feierte er bei sich zu Hause, und am nächsten Tag musste er die letzten Gäste von seiner Veranda vertreiben… 😀

Wir haben viel zusammen gelacht, uns manchmal gestritten, sind uns manchmal auf die Nerven gegangen. Das gehört dazu, das macht Freundschaft aus.

Vor zwei Wochen haben wir uns das letzte Mal auf der Straße getroffen. Er sagte, er müsse noch einmal zu mir kommen bevor ich verreise, um etwas zu besprechen. Mein Onkel hatte ihm nämlich seinen Grundsteuerbescheid gezeigt, der offensichtlich falsch war, und er wollte sich darum kümmern, dass der Bescheid korrigiert wird. Auch das zeichnete ihn aus: absolute Hilfsbereitschaft, ohne Wenn und Aber.

Leider kam es zu diesem Treffen nicht mehr. Lenting hat heute einen ganz besonderen Menschen verloren. Und viele von uns haben einen ganz besonderen Freund verloren. Mich eingeschlossen.

Willi, leb wohl.

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